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22.8. 16 Uhr – Kundgebung gegen Antisemitismus

Am morgigen Freitag findet ab 16 Uhr in der Augsburger Straße (Berlin) eine Kundgebung statt, deren Ziel es ist, auf das dramatische Anwachsen antisemitischer Gewalt hinzuweisen und Solidarität mit deren Opfern zum Ausdruck zu bringen. Im Folgenden ist der Aufruf dokumentiert:

Seit Anfang Juli erleben wir in Deutschland und anderen europäischen Ländern eine Welle von anti-israelischen Demonstrationen, auf denen nicht selten offen antisemitische Parolen gerufen werden. »Jude, Jude, feiges Schwein« und »Hamas, Hamas, Juden ins Gas« sind dabei nur zwei Beispiele von vielen. Auch die Plakate auf diesen Demos sprechen eine deutliche Sprache: »Stoppt den Holocaust in Gaza« und Israelfahnen, auf denen der Davidstern durch ein Hakenkreuz ersetzt wurde, sind dort beliebte Motive.

Im Zuge der Proteste gegen die erneute Eskalation im Gaza-Konflikt gab es auch zahlreiche Übergriffe auf Jüdinnen_Juden sowie Angriffe auf Synagogen. In Berlin kam es in den letzten vier Wochen zu mehreren antisemitischen Angriffen. So wurde am 19. Juli ein israelisches Paar am Rande einer Gaza-Demo in Berlin-Mitte attackiert. Am 24. Juli folgte ein weiterer Angriff in Charlottenburg auf einen Mann, der durch seine Kippa als Jude erkennbar war. Bereits am 7. Juli war ein Mann im Tiergarten angegriffen worden, weil er eine Mütze mit einem Davidstern trug. In Wuppertal kam es zu einem Brandanschlag auf die örtliche Synagoge. Auch auf europäischer Ebene ist Antisemitismus präsent. So gab es 2012 in Toulouse und 2014 in Brüssel Mordanschläge in jüdischen Einrichtungen, bei denen mehrere Menschen getötet wurden. Im Zuge der aktuellen Geschehnisse kam es im Pariser Stadtteil Sarcelles zu pogromartigen Ausschreitungen, bei denen ein jüdisches Geschäft niedergebrannt wurde.

Solche Attacken basieren auf dem Hass auf Jüdinnen_Juden und auf der antisemitischen Annahme, Jüdinnen_Juden seien ein einheitliches Kollektiv, das für die israelische Politik verantwortlich gemacht werden könne. Hierbei sind derzeit verstärkt islamistische Akteur_innen am Werk, die teilweise durch antisemitische Aufrufe in Moscheen in ihrem Handeln bestärkt werden. Erinnert sei hier beispielhaft an die Worte von Imam Bilal Ismail bei seiner Predigt am 18. Juli in der Al-Nur-Moschee in Berlin. Dort bat er Allah: »Vernichte die zionistischen Juden, sie sind keine Herausforderung für Dich. Zähle sie und töte sie bis auf den letzten.«
Wenn Joachim Gauck in diesem Zusammenhang dann von »importiertem Antisemitismus« redet, verkennt er, dass Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft nach 1945 nie richtig aufgearbeitet wurde und in beiden deutschen Staaten weiterhin alltäglich war. Dies äußerte sich beispielsweise in der Zerstörung von jüdischen Friedhöfen durch Neonazis oder der Leugnung der Shoah, also des Massenmordes an den europäischen Jüdinnen_Juden. Weil es aber nach 1945 aufgrund der deutschen Schuld an der Shoah lange Zeit unmöglich war, offen gegen Jüdinnen_Juden zu hetzen, drückt sich Antisemitismus häufig in Bezug auf den Staat Israel aus. Dieser antizionistische Antisemitismus äußert sich dann zum Beispiel darin, dass Akademiker_innen Briefe an jüdische oder israelische Einrichtungen schreiben, in denen sie behaupten, das, was Israel den Palästinenser_innen antue, sei das gleiche, wie das, was die Nazis den Jüdinnen_Juden angetan haben.

Oft ist (nicht nur) diese Form des Antisemitismus mit Verschwörungstheorien verknüpft, die eine »jüdische Weltverschwörung« imaginieren. Dies zeigt sich aktuell bei den derzeitigen »Montagsdemos«, bei denen über »die Macht der Rothschilds« gefaselt wird. Am 4. August demonstrierten zudem Teilnehmer_innen der »Montagsdemo« in Berlin vor der Synagoge in der Oranienburger Straße gegen die israelische Politik. Dass Antisemitismus keineswegs Neonazis oder Verschwörungstheoretiker_innen vorbehalten ist, zeigte sich in den letzten Wochen noch einmal sehr deutlich. Er ist Teil der deutschen Gesellschaft. Er findet sich in Kolumnen der »Süddeutschen Zeitung«, in Karikaturen der »taz«, in Beiträgen von Politiker_innen verschiedenster Parteien und natürlich am deutlichsten am virtuellen und analogen Stammtisch. Linke Gruppierungen leisten den antisemitischen Tendenzen dabei zum Teil öffentlich Vorschub. Dass linke Organisationen mancherorts die Gaza-Demonstrationen organisierten, auf denen es zu Ausschreitungen und Angriffen kam, ist dabei ähnlich fatal, wie der Fakt, dass die meisten Linken zu den aktuellen antisemitischen Angriffen schweigen.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland fragte Ende Juli: »Warum gibt es keine Welle der Sympathie mit uns Juden?« und der Vorsitzende des Zentralrates, Dieter Graumann, sagte, viele jüdische Menschen seien so verunsichert, dass sie sich fragten, ob es wieder Zeit sei, die Koffer zu packen und Deutschland zu verlassen. Damit bezog er sich auf die Fluchtwelle der deutschen Jüdinnen_Juden während der Zeit des Nationalsozialismus.

Mit einer Kundgebung gegen Antisemitismus wollen wir ein Zeichen der Solidarität mit allen Jüdinnen_Juden setzen und rufen dazu auf, auch darüber hinaus Sympathie zu bekunden. Wir treten für eine Gesellschaft ein, in der Jüdinnen_Juden sich nicht vor antisemitischen Attacken fürchten müssen und niemand Angst haben muss, in der Öffentlichkeit eine Kippa oder einen Davidstern zu tragen, kurz: eine Gesellschaft, in der alle ohne Angst verschieden sein können.

Kommt am 22. August 2014 um 16:00 Uhr zur antifaschistischen Kundgebung in die Augsburger Straße. Weitere Infos unter: gemeinsamgegenantisemitismus.blogsport.de (link is external)

One Comment

  1. Rough NinJa wrote:

    „dass die meis­ten Lin­ken zu den ak­tu­el­len an­ti­se­mi­ti­schen An­grif­fen schwei­gen.“

    Bullshit. Die meisten finden das ganz toll und solidarisieren sich mit ihren Hamas.- und Jihad-Kumpels.

    Euer Aufruf ist windelweiche linksdeutsche Scheiße um es sich nicht mit euren Antiimp-Kiffer-Kameraden aus den eingängigen Szenetreffs zu verscherzen. Fuck Off!

    Donnerstag, August 21, 2014 at 13:16 | Permalink