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Ein ostdeutsches Märchen

Die Erkenntnis, dass die Nazis sich offenbar nicht in Dresden blicken ließen, führte nicht etwa zur Umorientierung ins Umland, sondern zu einer kuschlig-linken Selbstbeweihräucherung, die ihresgleichen sucht. Auch die zwanzigste Erwähnung, wie toll alle letztes Jahr geholfen haben, die Nazis mal irgendwie ganz kreativ nicht durchzulassen, war den Rednerinnen und Rednern nicht peinlich. Dazu erzählte man sich gegenseitig, dass die Sache mit dem NSU und dem Verfassungsschutz ein absloutes Unding ist. Über einen Skandal wird sich dann gemeinsam echauffiert, dabei erspart sich der Großteil jegliche Analyse des deutschen Normalzustands und wedelt statt dessen weiter mit roten Wimpeln herum.
In nach Bundesländern sortierten Blöcken stellen sich tapfere „AntifaschistInnen“ vor dem Hauptbahnhof auf und los ging die Parade der Selbstgerechten: Mit der Kufiya Vermummte zeigten ein Transparent mit einer Abbildungen Abdullah Öcalans, Fahnen von u.a. Kurdistan und dem Baskenland wurden geschwenkt. Zur akustischen Untermalung dienten Intifada-Rufe. Die Linksextremen sortierten sich artig in den „extrem-ist-in-block“, latschten mit Sprechchören gegen Paragraf 129a über verstreute Flyer mit blutbefleckten Israelfahnen. Abwechslung gab es erst, als sich bei einem Zwischenstop die Trommlergruppe mit dazustellte und dieRhythmus zum weitermarschieren vorgab. Bei den gelangweilt umhertrottenden Grünen war es wenigsten nicht so laut.
Die Harmonie und Einigkeit, die Freude, bei Spaziergängen durch trostlose Straßen nicht allein zu sein, der kollektive Stolz, an einem Samstag nachmittag nicht angesoffen vor dem Fernseher zu sitzen; irgendetwas blockierte jegliches Misstrauen und allen Widerspruch.
Um so größer war die Aufregung, als zwei Menschen meinten, im „internationalistischen Block“ eine Fahnenträgerin zu fragen, warum sie bei einer Demonstration gegen den braunen Sumpf Ostdeutschlands mit einer Palästinafahne herumwedeln muss. Die Diskussion war nicht so richtig sinnvoll und als wir uns mit einem „Lang lebe Israel“ verabschiedeten, um unser Anliegen knackig zusammenzufassen, wurde erbost gedroht, sich gegenseitig zurückgehalten und um auf das Thema zurückzukommen bekam ich den schwarz-weiß-grün-roten Auslösung gegen den Kopf geschlagen. Waren das jetzt die undogmatischen Linken von denen alle sprechen?
Im Anschluss noch mühsam-freundliche Unterredung mit Ordnern und jemandem, der aus enorm zuverlässiger Quelle gehört hatte, dass wir es doch eben waren, die dort Leute schlugen. Empfehlung der Ordner: Ab in den Extrem-ist-in-block, denn „Da darf man was gegen Antisemitismus sagen“. Danke. Geht auch so.

G. – Zweifel&Diskurs

Und wer sich noch nicht genug gegruselt hat:
Volksgemeinschaft gegen Rechts (Flugblatt der AG No Tears for Krauts)

Versöhnung
Bildquelle: http://farm8.staticflickr.com/7058/6897713179_353c3de855.jpg

One Comment

  1. PS: wrote:

    Schon im vergangenem Jahr gab es in Dresden mindestens einen Angriff von Palästina-Freunden, in dem Fall aus Baden Würtemberg, bei dem drei Leute verletzt wurden und einer sogar ins Krankenhaus musste. Dresden zieht wirklich ekelhafteste Milieus an, seien es die Nazis, die Volksfront-Linken oder Zivilengagierte protestantischer Provenienz. Das alles hängt über Dresden wie die Smogglocke über Mexico City.

    Donnerstag, Februar 23, 2012 at 09:31 | Permalink