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Frau Schmoll und ihre Intelligenz

Die FAZ ist sichtlich damit überfordert, halbwegs sinnvolle Artikel für die Titelseite zu finden. So schaffte es am Samstag die elitenversessene „Journalistin“ Heike Schmoll (bekannt durch ihr Buch „Lob der Elite: Warum wir sie brauchen“), ihren „fundierten“ Kommentar „Abitur ohne Wert“ auch jenen zugänglich zu machen, denen das Aufblättern dieser Zeitung nicht als lohnend erscheint.
Die Hochschulreife, deren Vergabe Ländersache ist, sei bundesweit nicht vergleichbar, so die dringliche Erkenntnis. Die Schulabsolventen aus verschiedenen Bundesländern legen Prüfungen von unterschiedlichem Niveau ab und sind daher verschieden gut auf ihr Studium vorbereitet.
Scholl sieht sich, weil man das Problem ja lokalisieren muss, noch an, wo denn die dummen Kinder wohnen. Die gebürtige Tübingerin entnimmt einer Studie, dass Baden-Württemberg das anspruchsvollste Abitur hat, Schleswig-Holstein hingegen niedrigere Erwartungen habe. Die Studie, erstellt vom Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN), bezog sich nur auf Mathematik. Aber das ist nicht so schlimm, bilden doch Naturwissenschaftler die Elite. Studiert man so etwas wie Germanistik und Theologie, landet man ja doch nur bei der FAZ. Es gibt übrigens auch einen Zusammenhang zwischen den Matheergebnissen und dem Profil der Schule. Sie führt an, dass „Gymnasien mit naturwissenschaftlichem Profil am besten abschnitten, die mit ästhetischem Profil am schlechtesten…“ Gut, dass solch steile Thesen gut belegt sind.
Dann ergänzt sie noch beiläufig, dass das mit der Schule aber eh nicht so einfach sei, da Kids mit dummen Eltern selbst dumm bleiben:
„Auch wenn es lange Zeit bestritten wurde, ist inzwischen längst erwiesen, dass Lernleistung ganz wesentlich an Intelligenz gekoppelt ist. Mit anderen Worten: Bildungserfolge sind in hohem Maße „erblich“, denn Intelligenz wird vererbt. Niemand wird durch seine Umgebung begabt, sie kann allenfalls durch gezielte Anregungen schlauer machen – aber immer nur im Verhältnis zur vorhandenen Intelligenz.„
Wer das wie herausgefunden hat, ist vermutlich nicht so wichtig. Frau Schmoll hat vielleicht schon immer geahnt, dass es das elitäre Blut ist, das die Intelligenz transportiert. Es ist umgekehrt auch schön, seine eigene geistige Limitierung samt Aussetzern in Kommentarform den Eltern in die Schuhe schieben zu können. Wer sich mit Bildung befasst und nichts über die kindliche Lernkurve vor der Einschulung inklusive pränataler Prägung weiß, kann wohl nur zu dem Schluss kommen, dass spätere Diskrepanzen hinsichtlich Schulnoten angeboren sein müssen. Dass es Erfahrung und Nachahmung ist, was Kinder am meisten an ihre Eltern angleicht, kann natürlich nicht sein. So wäre die Elite vor die Herausforderung gestellt, sich mit ihren Bälgern zu befassen. Sie würde sich aufrappeln müssen, um Wissensdurst und Freude an Erkenntnis bei den Sprösslingen anzuregen. Auch müsste die menschliche Entwicklung in einem Spannungsfeld aus biologischen und sozialen Prozessen gegriffen werden, wobei Annahmen über lineare Zusammenhänge und Monokausalitäten einem Bewusstsein für die Verschränktheit von Genen und zwischenmenschlicher Erfahrung weichen müssten. Das einzelne Subjekt und seine Möglichkeiten ist Leuten wie Frau Schmoll seit je her egal. Das Kind bleibt Exemplar, bestehend aus Genen und Lehrplänen, wobei ersteres natürlich überwiegt. Und was den Nachwuchs angeht, lässt sich mit etwas elterlichem Geschick der Elite das eigene freie Kapital mittels Nachhilfe und einer helfenden Hand bei Studienarbeiten in die Kleinen binden, deren Abschlüsse ihren Platz in der Gesellschaft legitimieren.
Schmoll ist sich sicher, dass die Intelligenz, also das Resultat der IQ-Test und Mathe-Prüfungen, vollständig in den Genen schlummert. Hat das ein biologisches ThinkTank aus der Germanistin/Theologin Schmoll und dem Ökonomen Sarrazin herausgefunden? Auch das ist nicht wichtig. Schmoll, die augenscheinlich über so Profanes wie wissenschaftlicher Evidenz erhaben ist, weiß, dass ihre Vererbungsthesen einfach nur totgeschwiegen werden. So folgt im Artikel direkt auf die oben zitiert Passage das Sprüchlein der verkannten Erleuchteten:„Auch das ist inzwischen belegt. Es wird nur nicht gern gehört.“

Jacop Belbo

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/kommentar-abitur-ohne-wert-13683485.html