Audiomitschnitt der Tagung Politischer Islam und Kulturdialog mit dem Iran

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Die Reihenfolge korrekte Reihenfolge ist:

Vorrede
Politsiche Gewalt und religiöse Legitimität im Islam
Is there a change in the air?
Heilige und Staatsfeindin zugleich
Sehnsucht nach Differenz

Nähre Informationen können dem Programm entnommen werden.

Ankündigung: Politischer Islam und Kulturdialog mit dem Iran

Tagung zum Verhältnis von Kultur, Politik, Gewalt und Islam

23. November, 13 Uhr
Humboldt-Universität Berlin

Die Tagung soll einen kritischen Einblick verschaffen sowohl in innerislamische theoretische Auseinandersetzungen, die sich um die Frage der Legitimität politischer Gewalt drehen, als auch beleuchten, wie diese Auseinandersetzungen in säkularisierten, postmodernen Gesellschaften, beispielsweise der Bundesrepublik Deutschland, geführt werden. Vor diesem Hintergrund werden Analysen vorgestellt, die sich – am Beispiel des Kulturdialogs mit dem iranischen Regime und des Geschlechterverhältnisses im Iran – konkret der aktuellen kulturellen und politischen Lage sowohl in Deutschland als auch dem Iran widmen. Außerdem sollen die engen Verbindungen dargestellt und untersucht werden, die auf allen gesellschaftlichen Ebenen mit dem iranischen Regime bestehen.
revolution islamique

Programm

13.00 – 13.15 Uhr
Begrüßung, Vorrede und Vorstellung der Referenten
durch Bettina Fellmann, Organisatorin der Tagung.
Sie studiert Philosophie und Kunstgeschichte an der Freien Universität.

13.15 – 14.30 Uhr
Jörg Finkenberger: Politische Gewalt und religiöse Legitimität im Islam
Obwohl der Islam heute als eine eminent politische Religion auftritt, ist für den größten Teil seiner Geschichte das Verhältnis zwischen staatlicher Gewalt und religiöser Legitimität problematisch, fast feindselig. Der historische Befund verträgt sich wenig mit dem Selbstbild des heutigen politischen Islam: sein Fixpunkt, eine religiös legitimierte politische Autorität, ist in der historischen Religion kaum zu finden und verträgt sich nicht mit der Gestalt, die diese seit 800 Jahren angenommen hat. Der politische Islam als Bewegung und als Ideologie bewegt sich selbst nur in schweren Konflikten weiter, ohne diese auf absehbare Zukunft befrieden zu können. Ein Rückblick sowohl auf die politische Geschichte des Islam als auch auf die verschiedenen Versuche ihrer Aktualisierung und heutige Kämpfe.
Jörg Finkenberger ist Jurist und Rechtshistoriker.

14.30 – 15.30 Uhr
Dr. Kazem Moussavi: „There is a change in the air“?
Über die gefährliche Hoffnung auf eine Intensivierung des deutschen Kulturdialogs mit dem Iran unter Rohani

Die kulturellen und wissenschaftlichen Kooperationen Deutschlands und des Westens mit dem iranischen Regime finden zu einer Zeit statt, in der das Mullah-System im Inneren gravierend geschwächt ist. Der neue Präsident Rohani wird als „die Hoffnung, dass sich etwas ändert“ suggeriert und rezipiert, obwohl jeglicher Kulturaustausch und die Normalisierung der diplomatischen Beziehungen mit einem klerikal-faschistischen Regime zum Scheitern verurteilt sind.
Der religiöse Führer Ali Khamenei hofft, mit dem angeblich moderaten Rohani in Kooperation mit Deutschland, beispielsweise durch die Zusammenarbeit mit Universitäten, die Position des Westens gegen das iranische Atomprogramm zu spalten, Israel zu isolieren und zu diskreditieren und die Sanktionen zu beenden. Der Kulturdialog trägt maßgeblich dazu bei, diese Hoffnung zu realisieren, und damit dem Regime den Weg zur Atombombe und der Verwirklichung seiner islamistischen Ziele zu ebnen. Dies bedeutet auch ein Sicherheitsrisiko für die in Deutschland lebenden Exiliraner und jüdischen Menschen. 
Dr. Kazem Moussavi ist Sprecher der Green Party of Iran in Deutschland.

15.30 – 16.00 Uhr
Pause

16.00 – 17.00 Uhr
Fathiyeh Naghibzadeh: „Heilige & Staatsfeindin zugleich“
Frauenbild und Männlichkeit in der Islamischen Republik Iran

Dass im Gottesstaat Iran brutale Frauenunterdrückung herrscht, wird im Allgemeinen nicht geleugnet, aber in vielerlei Hinsicht relativiert. So wird diese Unterdrückung auch durch ihre Klassifizierung als „patriarchalisch” verkannt und verharmlost. Im historischen Rückblick und Vergleich wird die Differenz zwischen vormodernem Patriarchat, Männerherrschaft unter der Modernisierungsdiktatur des Schahs und phallozentristischem Mullahregime dargelegt. Dabei soll diskutiert werden, was das Regime im Iran unter der „bedeutenden und wertvollen Aufgabe“ der Frau im Islam versteht, welche Art von Männlichkeit in den Repressionsorganen der Islamischen Republik verkörpert ist und in welchem Verhältnis diese Konstellation zur iranischen Gesellschaft steht.
Fathiyeh Naghibzadeh ist Co-Regisseurin des Films „Kopftuch als System – Machen Haare verrückt?”, publiziert unter anderem zum Geschlechterverhältnis im Islam, zu Antisemitismus und Antizionismus und zur Erfahrung des Exils und ist im Mideast Freedom Forum Berlin aktiv.

17.00 – 18.00 Uhr
Andreas Benl: Sehnsucht nach Differenz
Über den neuen Verrat der Intellektuellen

Die „Charme-Offensive“ des neuen Präsidenten des iranischen Regimes Hassan Rohani ruft einmal mehr die Kräfte des Appeasements in der westlichen Politik auf den Plan. Während diese offizielle Zusammenarbeit sich zumindest teilweise mit ökonomischen und politischen Interessen erklären lässt, wirft der „Appeal“ der Islamischen Republik im Besonderen und des Islamismus im Allgemeinen bei westlichen Intellektuellen und linken und liberalen Aktivisten Fragen nach seiner ideologischen Attraktivität auf. Als Foucaults Apologien Khomeinis 1979 auf die mörderische Realität trafen, sah er sich noch vehementer Kritik aus der Linken ausgesetzt. Seitdem haben sich die Kräfteverhältnisse von der Kritik des Islamismus hin zur Denunziation der sogenannten Islamophobie verschoben. Der Vortrag soll die historischen und ideologischen Hintergründe dieser Entwicklung beleuchten.
Andreas Benl ist im Mideast Freedom Forum Berlin aktiv und schreibt unter anderem zum Kulturrelativismus und zur Oppositionsbewegung im Iran.

18.00 – 18.30 Uhr
Abschlusspodium und Diskussion

Die Tagung findet an einem Samstag statt.
Tagungsort ist Raum 2002 des Hauptgebäudes der Humboldt-Universität,
Unter den Linden 6, 10099 Berlin

Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.

„Halle bleibt“…merkwürdig

Die vor einiger Zeit vermutlich wegen Fadheit und Irrelevanz eingestellte Bonjour Tristesse meldete sich im letzten Monat wieder zu Wort, um das Immergleiche festzustellen: Die Ossis mögen Betriebsausflüge, Nazidemos, Flut, Hauptsache es passiert etwas. Richtig flau wird einem erst, wenn man in der Sächsischen Zeitung die Meldung Hoyerswerda lädt 1.400 Fluthelfer zu Festival ein erblickt: „Angeschrieben wurden unter anderem die Stadtverwaltungen in Königstein, Pirna, Grimma, Döbeln, Halle, Magdeburg und Wittenberge.“ Wer beim Anblick dieser Gästeliste in Kombination mit dem Veranstaltungsort kurz stutzt, verspürt vielleicht auch das diffuse Gefühl, dass in den neuen Bundesländern irgendetwas nicht stimmen kann.
Ins Auge fällt beim Lesen der Sonderausgabe der bonjour tristesse die Bemerkung, dass auch die Linksradikalen sich als Fluthelfer betätigen. So albern wie es erscheinen mag, ist auch die Empörung darüber,
dass auch die Autonomen sich dem gemeinschaftlichen Trubel anschließen und zur Schippe greifen, um unmittelbar beteiligt die Ausnahmesituation mitzuerleben, nicht so abwegig wie andernorts. (Zu kritisieren ist natürlich nicht das Füllen von Sandsäcken, sondern das davon kaum zu trennende Beiwerk. Würden die tapferen Helferlein ihre Energie darauf richten, so blieben allen die im Flugblatt attackierten Phänomene erspart.) In Halle ist es über Jahre hinweg gelungen, das lokale Geschehen kontinuierlich zu kritisieren und gerade das Tun all der linken Engagierten mit Einwänden nicht zu verschonen. Auch wenn man es nach der Fahrt durch die Provinz nicht mehr für möglich hält, so fanden sich in Halle doch die kleinen Residuen des Denkens.
Aktueller Anlass, die zusammenrückenden Hallenserinnen und Hallenser zum Versuch, einen klaren gedanken zu fassen, aufzufordern, ist der diffuse Aktivismus um „Halle bleibt!“, einem Bündnis gegen die Einsparung der klinischen Forschung an der hallenser Medizinfakultät. Die AG no tears for krauts zeigt in einem Flugblatt das Ansinnen der Protestierenden auf: spart bei den andern und spart dabei unseren Wirtschaftsstandort nicht kaputt. Neben dem Einebnen der marginalen Möglichkeiten, an deutschen Universitäten das kritische Denken zu erleichtern, was zurecht beklagt wird, wird die örtliche Fragmentierung des Wissenschaftsbetriebes darin nur unzulänglich aufgezeigt. Die Alliierten haben nach dem zweiten Weltkrieg nicht ohne Grund die spezialisierten Hochschule als inakzeptabel erachtet:

„Am 9.4.1946 erfolgte die Neugründung der TH durch die Briten, jetzt unter dem Namen “Technische Universität Berlin”. Es wurde die Fakultät 1 gegründet, um den Naturwissenschaftlern und Ingenieuren die ethische Dimension ihres Handelns aufzuzeigen. Die übrigen Fakultäten mussten in der Nummerierung um eins nach hinten rücken.“ (antifatuberlin.blogsport.de/category/historisches)

Zu beklagen sind weniger fade Seminare, wobei Altersunterschiede um wenige Jahre sich selten signifikant auf den Erkenntnisgewinn aus Diskussionen auswirkt (wie im Flugblatt angedeutet), als vielmehr die Herumdümpeln unter Seinesgleichen. Wer das Privileg genießt, aus Bitterfeld zwecks Studium in eine größere Stadt zu ziehen, sollte nicht von der sperrlichen Restvielfalt an anderen Gedanken abgeschirmt werden. Dies ist jedoch stets Folge von „Spezialisierung“ im Hochschulbetrieb.
Unterdessen erinnert sich die Antifa in Halle, dass es da noch irgendetwas gab, vor der Absorbtion durch die Uni: Nun wird die Zielgruppe der Pre-Immatrikulierten identifiziert, das Konzept der Straßen aus Zucker aufgegriffen und eine eigene Schülerzeitung zusammengebastelt:


Es ergeben sichmerkwürdigerweise doch immer wieder neue Gründe, sich aufzumachen, auf dem Weg tüchtig zu gruseln und dort anzustoßen, auf den nächsten kläglichen Versuch der kritischen Intervention. (Gemein ist nicht die ebenfalls in Halle agierende Gruppe.)

Zur Beschneidungsdebatte

Am 24.4. werden Thomas von der Osten-Sacken und Justus Wertmüller im Laidak dazu sprechen. Veranstalter ist die Gruppe Hedonistische Mitte – Brigade Mondän.
Ankündigung hier.

Jakob kannte ich nicht

aber ich höre gern Musik von NMZS. Obwohl ich nichts über ihn weiß, ihn nur einmal gesehen habe, eigentlich nur seine Tracks kenne, macht die Nachricht von seinem Tod mich traurig. Wem die vier Buchstaben nichts sagen, dem sei dieser vielteilige Soundtrack zur traurigen Wissenschaft wärmstens empfohlen. Wenn das Lachen im Halse stecken bleibt, im kläglichen Versuch, mit derbem Humor den alltäglichen Wahnsinn zu kompensieren, dann wird dem oder der Hörenden bewusst, wie manche Künstler helfen, indem sie das nicht in Begriffen zu fassende hier und dort mit wenigen Bars ins Gehör schleudern.
Unbekannterweise, so wie Jakob als NMZS auf mich wirkte, sei seinen Angehörigen und Freunden tiefes Beileid ausgesprochen.

Über den Zusammenhang von Verwertung, Vernichtung und Entfremdung (+Text)

Am 27. Januar um 19.30 Uhr in der Schankwirtschaft Laidak, Boddinplatz, Berlin

Bettina Fellmann
Über den Zusammenhang von Verwertung, Vernichtung und Entfremdung

Einleitend wird erklärt, in welchem Verhältnis Verwertung und Vernichtung zueinander stehen. Dabei wird Auschwitz als bislang radikalster Versuch einer Verwirklichung der in der kapitalistischen Gesellschaft wurzelnden Tendenz begriffen, mit Gewalt Identität herzustellen zwischen dem Abstrakten und dem Konkreten.
Davon ausgehend wird dargelegt, wie Verwertung als abstrakte gesellschaftliche Totalität und Vernichtung als besinnungslose Verwirklichung der abstrakten Herrschaft die Art und Weise prägen, wie die Subjekte sich innerhalb dieses Zusammenhangs erfahren. Die Erfahrung wird wie das Bewusstsein funktionalisiert und solcherart verarmen die Menschen in sich. Damit spiegeln sie einen objektiven Vorgang wieder und verlieren gleichzeitig die Fähigkeit, die maßlose Angst und den Schrecken, die objektiv produziert werden und die subjektiv zu reproduzieren sie sich verdammen, als solche zu erleben.
Leiden gilt als Schwäche, die man sich auszutreiben hat und Angst als praktisches Hindernis, erfolgreich im Konkurrenzkampf zu überleben.
Unter dem zunehmenden Druck verliert der Einzelne seine Widerstandskraft. Systematisch wird von der Gesellschaft alles, was der Anpassung sich entgegenstemmt, zerbrochen; jeder Widerspruch wird entweder integriert oder isoliert, im Allgemeinen findet er höchstens ein schwaches Echo, aber keine Entsprechung.
Diesen Bedingungen und ihren Konsequenzen lebend zu entgehen, ist nicht möglich und nötigt den Einzelnen, wenn er nicht ganz verkümmern will, auf allen Ebenen sich die Dialektik einzupauken, der gegenüber die Menschheit sich blind und taub stellt.

Der Vortrag als pdf:

Teil1
Teil2
Teil2

Vortragsreihe in Halle

Das Jahr beginnt mit einem beeindruckenden Vortragsangebot in der Provinz:

24. Januar * Christoph Hesse
Dynamit der Zehntelsekunden.
Die Kontroverse über den Film zwischen Walter Benjamin und Theodor W. Adorno

30.Januar * Marc Grimm
Ästhetik und Kulturindustrie nach Adorno

13. Februar * Baumeister & Negator
Kunst, Avantgarde, Klassenkampf.
Benjamin, Adorno und die Situationistische Internationale

26. Februar * Lukas Holfeld
Hölderlin und das Verstummen der Revolutionäre

17. April * Detlev Claussen
Thesen zur Aktualisierung der Kritik von Kulturindustrie und Halbbildung

07. Mai * Michael Gutjahr
Dem Sinnlichen eine Sprache. Performance, Tanztheater und die Dialektik des Leibes

tba * Kerstin Stakemeier
Realismus, Antifaschismus, Expressionismus. Die Expressionismus-Debatte in den 1930ern
tba * Roger Behrens
Kunst, Widerstand, Geschichte – Peter Weiss und die Ästhetik


kritische intervention

Gestern in der Sueddeutschen

Auf der Literaturseite der Süddeutschen Zeitung fand sich gestern eine Buchvorstellung mit dem Titel „Kritische Theorie und blinder Fleck“. Stefan Dornuf spricht in höchsten Tönen von dem „vorzüglich editierten“ (gemeint ist wohl edierten) Band Von der Analytik des Wirtschaftens zur Theorie der Volkswirtschaft von Alfred Sohn-Rethel.

Auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise […] zeichnete der frisch gebackene Doktor der Philosophie Alfred Sohn-Rethel ein düsteres Stimmungsbild: “ Die Stütze der bürgerlichen Kultur überhaupt, die Autonomie des Geistes, ist gebrochen.“ Das Schicksal der solcherart Betroffenen sei der Individualismus, so Alfred Sohn-Rethel, jedoch „das Schicksal des Individualismus der Zerfall der Persönlichkeit“. Für den Einzelnen erscheine die gesellschaftliche „Genesis als das blinde Fatum“, man stehe am „Abgrund des Entsetzens“, an der „Schwelle der Ratlosigkeit“.

(Stefan Dornuf – SZ,14.12.2012)

Diese Neuveröffentlichung helfe, so Dornuf, die blinden Flecken in der Chronik des Instituts für Sozialforschung zu tilgen. Die geringe Aufmerksamkeit, die Sohn-Rethel bisher erfuhr, begründet er mit der „unüberbietbaren Radikalisierung“ der Gedanken Adornos, Horkheimers und Marcuses zur Entstehung einer rein instrumentellen Vernunft.

Manfred Dahlmann stellt einige Grundgedanken Sohn-Rethels in seinem Text Warenform und Denkform vor, dieser sei ebenfalls empfohlen.

Erschienen bei ca ira – 294 Seiten, 20 €.