Der NSU, der Staat und die Verwandlung der Gesellschaft in ein Irrenhaus.

Eine Veranstaltung der Antideutschen Aktion Berlin [ADAB]
am Sonntag den 13. Januar 2013 um 20:00 Uhr
in der Schankwirtschaft Laidak, Boddinstr. 42/43, Berlin-Neukölln

Als sich im November 2011 herausstellte, dass Neonazis über mehrere Jahre hinweg Mordanschläge in der Bundesrepublik verübt hatten, war die deutsche Öffentlichkeit „betroffen, empört, fassungslos“. Nach dem Bekanntwerden der NSU-Morde wurde über alles Mögliche gesprochen: ein Wiedererstarken der Neonaziszene, eine „Braune Armee Fraktion“, inkompetente Behörden, eine rassistische Gesellschaft sowie rechte Seilschaften bei Verfassungsschutz und Polizei. Nur eines wollte oder konnte niemand thematisieren: die Frage, inwieweit sowohl die Morde des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ als auch die Kombination aus Inkompetenz und Impertinenz auf Behördenseite Ausdruck einer an sich selbst irre gewordenen Gesellschaft sind. Aus Anlass des bevorstehenden NSU-Prozesses soll im Rahmen des Vortrags mit einigen Thesen versucht werden, über die reine Faktensammlung und die hektische Betriebsamkeit von Politik und Medien – von der Einrichtung einer Generaldatei „Rechts“ bis zu Diskussionen über ein neues NPD-Verbotsverfahren – hinauszukommen. Denn allem Veränderungsgestus zum Trotz dient dieser Aktionismus letztlich nur einem Zweck: besinnungslos weiter hantieren zu können wie bisher.

Als Referenten sind Vertreter der AG Antifa im Studierendenrat der MLU Halle sowie von der AG „no tears for krauts“ Halle eingeladen.

November

In diesem Monat habe ich zwei erfreuliche Neuigkeiten im Briefkasten vorgefunden: Zum einen kam mit einiger Verzögerung der Aschenbecher der Antilopengang samt CD an. Ein ganzes Album um den blauen Dunst. Das Meinen und das Bedürfnis, zu allem eine zusammengeschusterte, aus Halbwissen hervorquillende Meinung zu vertreten wird in Schade müde belächelt – etwas resignierter als noch in Kommentarfeld. Einiges kommt einem bekannt vor, aus müßigen Unterhaltungen auf schlechten Partys oder von Flugblätter des wirren Infotischs beim AStA.

Der theoretische Kommunismus funktioniert – ich schwör’s!
Zum Beispiel mit Robotern, die Arbeit erledigen und die Erziehung übernehmen und den Kindern Karl Marx predigen.

In So ungefähr wird in der Gesamtscheiße rumgestochert und die Pointe ist: siehe Dialektik der Aufklärung.

Die Freiheit, Ja zu sagen, zu einem Leben in der Steinzeit. Die Freiheit, alle Bücher nicht zu lesen und zu chillen. Die Freiheit, sich persönlich zu verblöden und den Willen darauf zu konzentrieren, ein Fäkaltheaterstück zu inszenieren.[…] Herzlich Willkommen im kulturellen Aschenbecher!

aschenbecher
Die zweite Neuigkeit in meinem Briefkasten war die neue Halbjahreszeitschrift des CaIra-Verlags.
Camus Ausführungen über Freiheit kommentiert Tjark Kunstreich in der aktuellen sans phrase:

Es ist diese Auffassung, die aus der Existenzphilosophie Existenzialismus werden lässt, einen Existenzialismus, der sowohl die Freiheit zum Massenmord als auch die zum Widerstand gegen ihn unterschiedslos bestehen lassen kann, weil der Mensch der Welt einziger Herr ist und damit auch sein eigener.

Kunstreich erklärt Michel Onfrays Feindschaft gegenüber der Psychoanalyse, sein Hass auf Freud und sein Zurechtstutzen Camus. Der Autor der „Anti-Freud“ wurde zwar schon mit Erscheinen des Buches an anderen Stellen gründlich kritisiert, Kunstreichs Beitrag nimmt Onfray jedoch ernster und beleuchtet die Facetten seines ideologischen Werkelns: „er verbindet recht und linke Ressentiments gegen die Psychoanalyse um einem Amalgam“

Einige Seiten weiter vorn findet sich eine kurze geschichtliche Zusammenfassung des Nahostkonflikts. Stephan Grigat trägt für die Kürze des Textes eine Vielzahl von Ereignissen und Daten zusammen, die vom Titel „20 Jahre Friedensprozess gegen Israel“ treffend umklammert sind.
Am Montag war Grigat zu Gast an der HU Berlin und sprach dort über Islamische Theokratie im 21. Jahrhundert. Wie auch in der sans phrase überlässt Grigat einer Fülle aus Fakten und Beispielen die Illustration – diesmal des iranischen Regimes. Einen besonderen Fokus legte er auf das Agieren Europas und Amerikas. So konfrontierte er schon zum Einstieg das Publikum mit der deutschen Asylregelung: Im Iran bleiben muss, wer nicht aus „aus der Masse der oppositionellen Iraner herausgetreten“ ist. Das Vorgehen des Regimes gegen alle Oppositionellen, die gerade greifbar sind, aber auch gegen Homosexuelle ist vermutlich hinreichend bekannt. Kein Grund für Asyl.
Grigat gibt einen Abriss über die Entstehung des schiitischen Gottesstaates, dessen ideologischer Grundlagen und der kategorischen Aggressionen gegenüber Israel, sowie der terroristischen Operiationen im Ausland (Mykonos, Buenos Aires).
Diese grundlegend anti-westliche, hochaggressive Bestreben verleiht auch der nuklearen Aufrüstung eine Sonderstellen: Während die Annahme, dass Israel Atomwaffen besitzt, im arabischen Raum verbreitet ist und kein Entsetzen auslöst, erregt das iranische Atomprogramm Sorge bei den Nachbarn. Für Israel ist bereits die Fertigstellung der Bombe eine große Gefahr, auch ohne deren Abschuss: Die nukleare Bedrohung könnte eine Massenflucht aus dem kleinen Staat bedeuten, die Israel ohne eine Rakete erledigt.

Von dieser gruseligen Bestandsaufnahme aus, ging Grigat über zum Verhalten Europas: Gentscher als deutscher Außenminister und sein österreichischer Kollege bereiten den Weg für Beziehungen zum Iranischen Regime, EU wächst zum wichtigsten Handelspartner und gemeinsam wird es ermöglicht, dass Homosexuelle an deutschen Kränen erhängt werden, während die Hisbollah in Deutschland spenden sammelt. Grigat präsentiert als Alternative die kanadische Iranpolitik: cut.
Weiter geht es mit der deutschen Linken, um das Ausmaß des Unheils hierzulande noch zuzuspitzen. Als besonderes Beispiel führt er Michael Lüders und sein schauderhaftes Buch an.
Von mir bisweilen nahezu unbeachtet waren die Beziehungen des Irans nach Südamerika: Chavez und Ahmadinejad kooperieren nach Möglichkeit, wo immer es geht, geeint im Hass auf Israel und die USA. Auf eine Frage hin deutete Grigat auf die ideologische Nähe der lateinamerikanischen Vorstellungen von Sozialismus und der anti-westlichen Fanatismus des Iran hin.
Im letzten Teil des Vortrags ernüchterte Grigat einige USA-hypenden Israelfreunde: er zeigte anhand von Beispielen, dass die USA eben kein unbedingter Beistand sind und auch schon mal erheblich zum Nachteil Israels verhalten. (1956 seien US-Interventionen zurückgehalten worden, um Israel zum Rückzug vom Sinai zu zwingen.) Ebenfalls den USA geschuldet war die Zulassung der Hamas zu den Wahlen der PA-Regierung und das verstärkte Bild vom erpressbaren Israel durch den Druck Obamas. Grigat schließt mit Herbert Marcuse: „Nur eine freue arabische Welt kann neben einem freien Israel friedlich existieren.“ Die Lösung des Nahostkonflikts liege somit in der Abschaffung des Antisemitismus.
In der anschließenden Diskussion ging Grigat tiefer auf den in Europa beliebten Kulturrelativismus ein: Der Rassismus- und Eurozentrismusvorwurf kommt oftmals unmittelbar neben der tatsächlich rassistischen Ansicht auf, jeder Araber habe sich in dortigen Zwängen zurechtzufinden, die man von hier aus nicht kritisieren dürfe. Desweiteres wurde nach dem Verhältnis von Rationalität und Fanatismus gefragt: Grigat skizzierte die durchaus ambivalente Haltung des Iran: auch wenn oberstes Ziel die Auslöschung Israels ist, so lässt man sich im Iran doch Zeit, um bedacht einen Weg zu finden.
Während Teile des Publikums das Vorgetragene routiniert abnickten, schien einzelnen doch noch ein gewisses Maß an Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben. Vermutlich wird diese jedoch nicht lang anhalten, sondern verdrängt werden, oder schlimmer noch – in belangloses, folgenloses Geschwätz integriert.

Zur Verteidigung der Traurigkeit

Anlass für diese Veranstaltung zu Trauer und Melancholie ist die omnipräsente Abwehr und Pathologisierung dieser Empfindungen. Das Leid des Einzelnen in der kapitalistischen Gesellschaft wird zu dessen Schwäche verkehrt. Es resultiert daraus die Forderung zur Selbstoptimierung, zur Überwindung der angeblichen ‚eigenen Unzulänglichkeit‘. Im Gegensatz dazu möchten wir hervorheben, dass die Fähigkeit zur Traurigkeit notwendig ist, um Kritik überhaupt entfalten zu können; Kritik an Verhältnissen, die Menschen (an sich) zerbrechen lassen. Im Gegenzug ermöglicht erst diese Kritik ein Bewusstsein zur Abgrenzung gegen die gesellschaftliche Totalität. Erst mit diesem aus der Reflexion hervorgehenden Abstand kann der Einzelne die Fähigkeit zur Erfahrung der Emotionen wieder erringen. Aufgrund des gegenseitigen Sich-Bedingens von Erfahrung und Erkenntnis, Empfindung und Begriff, ist die Traurigkeit gegen jeglichen Angriff zu verteidigen!

Bettina Fellmann wird kurz in die Begriffe von Philosophie und philosophischem Denken, sowie Wert und Verwertung einführen. Vor diesem Hintergrund soll die besondere Paradoxie entfaltet werden, die im Mangel einer adäquaten menschlichen Reaktion auf den maßlosen Schrecken der Gegenwart liegt. Aus diesem Schrecken erwächst keine Trauer, der die Einzelnen Ausdruck zu verleihen suchen, sondern massenhafte Stumpfheit und Kälte, die eine relativ reibungslose Anpassung an die herrschenden Gegebenheiten ermöglichen. Zur Verteidigung der Traurigkeit soll der Zusammenhang von Anpassung, Entfremdung und dem Verlust von Erfahrung dargestellt werden.

Martin Dornis wird zur Rezeption von Trauer in der Musik sprechen. Anhand der Sinfonien Gustav Mahlers soll der Kontrast zwischen kollektiver und individueller Trauer und das durchaus berechtigte Streben nach authentischer Emotionalität diskutiert werden. Unter Bedingungen totaler Vergesellschaftung, als deren künstlerische Reflexion Mahlers Musik interpretiert werden kann, erweist sich aber alles authentisch und unmittelbar Erscheinende als die konkrete Erscheinung des abstrakten Vermittlungszusammenhangs, somit letztlich als Fabrikat der falschen Gesellschaft. Weder steht ‚hinter‘ der angedrehten, inszenierten und veranstalteten Trauer eine ‚echte‘ oder ‚eigentliche‘, auf die sich zurückgreifen ließe, noch geht jedes Gefühl restlos im Bestehenden einfach auf.

Unkostenbeitrag: 2€
29.09.2012 – 13 bis 18 Uhr
KirchlichesForschungsheim
Wilhelm-Weber-Str. 1a
Lutherstadt Wittenberg

Flyer zur Verteidigung der Traurigkeit als pdf


Einleitung zum Referat Bettina Fellmanns

Zur ‚Verteidigung der Traurigkeit‘ wird Bettina Fellmann in die begrifflichen Voraussetzungen von Philosophie und philosophischem Denken einführen, sowie kurz auf Wert und Verwertung unter den Bedingungen der entfalteten Massenproduktion eingehen, die die Grundlage des gegenwärtigen Verhältnisses von Bewusstsein und Sein darstellen.
Vor diesem Hintergrund wird versucht werden, die Paradoxie begreiflich zu machen, die darin besteht, dass aus dem maßlosen Schrecken der Gegenwart keine ebenso maßlose Trauer der Einzelnen erwächst und ihren Ausdruck findet, sondern im Gegenteil eine massenhafte Stumpfheit, die eine Anpassung an die Gegebenheiten ermöglicht und diese in der bruchlosen Anpassung immer weiter reproduziert.
Vom Allgemeinsten, der abstrakten Herrschaft totaler Verwertung, soll – stets im Bewusstsein der wechselseitigen und unauflöslichen Bedingtheit – an das Besondere herangeführt werden:
Die Erfahrung der Welt, die unmittelbar auf der leiblichen Empfindung beruht, wurde den Menschen unter der „zeitlosen Folge von Schocks“ [1] so grundlegend ausgetrieben, dass subjektives Erleben nur noch als objektiv vermitteltes auftritt. Anders als in der Identifikation mit dem Allgemeinen, das die Einzelnen in allen Facetten widerspiegeln, scheint die zur reinen Reproduktion des Nichts verdammte Existenz nicht mehr aushaltbar. Identifikation aber bedeutet das Gegenteil individueller Entfaltung. Wer dieser Selbstauslöschung ernsthaft sich entgegenstellt, den werden nach und nach in der bewussten Entscheidung, sich dem Herrschenden nicht anzupassen, die Widersprüche zerreissen. Vor diesem Ausgesetztsein gibt es keine Rettung.
Aber nur, indem die schreckliche Erfahrung nicht verdrängt wird, gewinnt der Einzelne die einzig noch denkbare begrenzte Souveränität zurück.
Davon ausgehend wird der Zusammenhang zwischen Anpassung, Entfremdung und dem Verlust von Erfahrung dargestellt werden.
Selbst dort, wo man noch ahnt, dass sie es nicht ist, wird Traurigkeit als Schwäche erlebt, denn dem Zwang, sich anzupassen, kann niemand sich erfolgreich entziehen, der in der Gesellschaft überleben will. Diese ständige Erfahrung, die einer glückenden Vermittlung der eigenen Erkenntnis mit der Wirklichkeit entgegensteht, wirft den Einzelnen in einen ständigen unauflöslichen Konflikt, dessen offene Austragung er unmittelbar zu vermeiden suchen wird, denn die Auseinandersetzung ist unweigerlich verbunden mit einer spürbaren tiefen Kränkung dessen, was als Ich begriffen wird, dem Schmerz der innerlichen Zerrissenheit, und auch dem Verlust einer wie auch immer empfundenen Verbundenheit mit der äußeren Welt.
Wer trotz allem aber im je eigenen möglichen Maße zur Erfahrung finden möchte – ohne sich darüber Illusionen zu machen, je sich von den Bedingungen lösen zu können -, der hat keine andere Wahl, als sich neben der kritischen intellektuellen Auseinandersetzung mit dem, was ihm äußerlich begegnet, als auch mit dem, was sich innerlich in ihm auftut, den Empfindungen zu stellen, die ihn angesichts der realen Bedeutung dessen, was er erkennt, überkommen.
Denn „die Kraft zur Angst und die zum Glück sind das gleiche, das schrankenlose, bis zur Selbstpreisgabe gesteigerte Aufgeschlossensein für Erfahrung, in der der Erliegende sich wiederfindet.“ [2]

[1] In: Detlev Claussen: Theodor W. Adorno – Ein letztes Genie, S.21, Fischer 2005
[2] Theodor W. Adorno: Minima Moralia, S.228, Suhrkamp 2003

Plakat Verteidigung der Traurigkeit

Damaszener Frühling

Die Antideutsche Aktion Berlin lädt ins Laidak. Thema ist die Situation in Syrien. Es folgt die Einladung.

Damaszener Frühling
Wohin führt der Aufstand in Syrien?

Eine Veranstaltung der Antideutschen Aktion Berlin [ADAB]
am Donnerstag den 09. August 2012
in der Schankwirtschaft Laidak, Boddinstr. 42/43, Berlin-Neukölln

Die Situation in Syrien ist in den letzten 16 Monaten immer weiter eskaliert. Weit über 12.000 Tote sind den bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen inzwischen zum Opfer gefallen. Doch die UN schaut nur zu. Die syrische Opposition ist gespalten, insbesondere in der grundsätzlichen Frage einer Intervention von außen gibt es keinerlei Annäherung. Die unmittelbaren Nachbarn Syriens reagieren mit großer Nervosität. Regionale Konflikte zwischen der Türkei sowie Saudi Arabien als selbsternannte Schutzmächte der Sunniten und dem Iran, der mit dem herrschenden Assad-Clan verbündet ist, weiten sich aus. Ethnische und konfessionelle Konfliktlinien innerhalb Syriens, wie z.B. zwischen den Kurden und den sunnitischen Arabern, erschweren die Konfliktlösung noch mehr.

In Deutschland solidarisieren sich linke wie rechte Antiimperialisten mit dem mörderischen Assad-Regime. Gleichzeitig bleibt eine breite Unterstützung der zivilen Opposition aus. Desinteressiert schauen alle in die Röhre während in Syrien die Opposition abgeschlachtet wird. Wen interessiert es schon, wenn in Syrien täglich Dutzende von Menschen getötet werden?

Wir haben drei Referenten eingeladen über die Umbrüche im Mittleren Osten, speziell in Syrien zu berichten:

Hannah Wettig ist freie Journalistin und aktiv bei der Initiative adopt a revolution. Sie wird die Gesamtsituation in Syrien analysieren und für die Unterstützung der zivilen Opposition werben.

Siamend Hajo ist Mitglied bei der Berliner Gesellschaft zur Förderung der Kurdologie e.V. (BGFK) und schreibt u.a. für die Blätter des iz3w. Er wird über die Lage der Kurden innerhalb des Konfliktes berichten.

Thomas von der Osten-Sacken ist Geschäftsführer des Verbandes für Krisenhilfe und Entwicklungszusammenarbeit, Wadi e.V., und freier Publizist. Er wird über den gesamten Nahen Osten nach dem so genannten arabischen Frühling sprechen und einen Ausblick in die Zukunft werfen.

Moderation: Bernd Beier (Jungle World / jungle-world.com)

Unkostenbeitrag 3 Euro, ermäßigt 2 Euro

Zu Gast im Laidak

In einer der gemütlichsten Schankwirtschaften wird Martin Dornis am 06.07. zur Kritik des Poststrukturalismus sprechen:

LAIDAK

Kein gender ohne sex – Natur, Geschlecht und Gesellschaft als Grundbegriffe einer kritischen Gesellschaftstheorie
Vortrag und Seminar mit Martin Dornis (Leipzig)

Vortrag am Freitag, den 06.07.2012 um 19.30 Uhr in der Schankwirtschaft Laidak, Boddinstraße 42/43, Berlin-Neukölln
Seminar am Samstag, den 07.07.2012, ab 12 Uhr bis zum Abend, mehr Infos bei Anmeldung
Anmeldung zum Seminar unter: kritikdespoststrukturalismus@web.de (moderate Teilnahmegebühr)

Kein gender ohne sex

Poststrukturalistische Theorien sind im gesellschaftlichen Mainstream und
auch in der Linken angesagt wie nie. Mit der Klassifizierung von Nation,
Rasse oder Geschlecht als Konstrukt wird geglaubt, etwas entscheidendes zur
Kritik dieser Kategorien beigetragen zu haben.

Der Vortrag will den Grundlagen dieses Denken nachgehen und dabei den kritischen
Gehalt dieser Theoreme prüfen. Wie radikal ist der poststrukturalistische Gestus der
Denaturalisierung angeblich natürlich erscheinender Kategorien und das
dekonstruktivistische Denken á la Butler oder Foucault wirklich.

Um uns dieser Frage zu nähern werden wir gedankliche Ausflüge in die
Auffassungen von Natur bei Marx und Freud unternehmen und diese zu den
postmodernen Ansätzen in Kontrast stellen. Den Geschlechtertheorien von
Butler und Co sollen Ansätze zur Kritik des Geschlechterverhältnis aus
dem Kontext der kritischen Theorie entgegengesetzt werden. Zwar kommen
„wir“nicht als Männer oder Frauen zur Welt sondern machen „uns“ dazu. Aber
heisst dass, das der Körper ein „kulturelles Konstrukt“ (Butler: Gender
Trouble) oder gar eine „Materialisierung“ (Butler: Körper von Gewicht)
sei? Und was bedeutet es, wenn Foucault proklamiert: dass das Geschlecht
eine künstliche Zusammenfassung ansonsten getrennter Momente sei – und
dazu zurückkehren will, den „Sex“ als „bürgerlich“ zu verstehen?

Ein ostdeutsches Märchen

Die Erkenntnis, dass die Nazis sich offenbar nicht in Dresden blicken ließen, führte nicht etwa zur Umorientierung ins Umland, sondern zu einer kuschlig-linken Selbstbeweihräucherung, die ihresgleichen sucht. Auch die zwanzigste Erwähnung, wie toll alle letztes Jahr geholfen haben, die Nazis mal irgendwie ganz kreativ nicht durchzulassen, war den Rednerinnen und Rednern nicht peinlich. Dazu erzählte man sich gegenseitig, dass die Sache mit dem NSU und dem Verfassungsschutz ein absloutes Unding ist. Über einen Skandal wird sich dann gemeinsam echauffiert, dabei erspart sich der Großteil jegliche Analyse des deutschen Normalzustands und wedelt statt dessen weiter mit roten Wimpeln herum.
In nach Bundesländern sortierten Blöcken stellen sich tapfere „AntifaschistInnen“ vor dem Hauptbahnhof auf und los ging die Parade der Selbstgerechten: Mit der Kufiya Vermummte zeigten ein Transparent mit einer Abbildungen Abdullah Öcalans, Fahnen von u.a. Kurdistan und dem Baskenland wurden geschwenkt. Zur akustischen Untermalung dienten Intifada-Rufe. Die Linksextremen sortierten sich artig in den „extrem-ist-in-block“, latschten mit Sprechchören gegen Paragraf 129a über verstreute Flyer mit blutbefleckten Israelfahnen. Abwechslung gab es erst, als sich bei einem Zwischenstop die Trommlergruppe mit dazustellte und dieRhythmus zum weitermarschieren vorgab. Bei den gelangweilt umhertrottenden Grünen war es wenigsten nicht so laut.
Die Harmonie und Einigkeit, die Freude, bei Spaziergängen durch trostlose Straßen nicht allein zu sein, der kollektive Stolz, an einem Samstag nachmittag nicht angesoffen vor dem Fernseher zu sitzen; irgendetwas blockierte jegliches Misstrauen und allen Widerspruch.
Um so größer war die Aufregung, als zwei Menschen meinten, im „internationalistischen Block“ eine Fahnenträgerin zu fragen, warum sie bei einer Demonstration gegen den braunen Sumpf Ostdeutschlands mit einer Palästinafahne herumwedeln muss. Die Diskussion war nicht so richtig sinnvoll und als wir uns mit einem „Lang lebe Israel“ verabschiedeten, um unser Anliegen knackig zusammenzufassen, wurde erbost gedroht, sich gegenseitig zurückgehalten und um auf das Thema zurückzukommen bekam ich den schwarz-weiß-grün-roten Auslösung gegen den Kopf geschlagen. Waren das jetzt die undogmatischen Linken von denen alle sprechen?
Im Anschluss noch mühsam-freundliche Unterredung mit Ordnern und jemandem, der aus enorm zuverlässiger Quelle gehört hatte, dass wir es doch eben waren, die dort Leute schlugen. Empfehlung der Ordner: Ab in den Extrem-ist-in-block, denn „Da darf man was gegen Antisemitismus sagen“. Danke. Geht auch so.

G. – Zweifel&Diskurs

Und wer sich noch nicht genug gegruselt hat:
Volksgemeinschaft gegen Rechts (Flugblatt der AG No Tears for Krauts)

Versöhnung
Bildquelle: http://farm8.staticflickr.com/7058/6897713179_353c3de855.jpg

Das große Thier

Nachdem die Bonjour Tristesse zusehens verödet, habe ich mich sehr gefreut, hierüber gestolpert zu sein:

Das große Thier

Vor einiger Zeit wurde ich auf die würzburger Zeitschrift „Der letzte Hype“ von Jörg Finkenberger und Rainer Bakonyi aufmerksam gemacht und war sehr angetan. Hübsch durchdachte Texte zu aktuellen Unzumutbarkeiten, gespickt mit lustigen Fotos von Menschen in Tierkostümen und tollen Rezepten.

Nun legen Finkenberger und andere nach: Die beiden bisher veröffentlichten Exemplare witzeln über die üblichen Hamburgen Ecken, rütteln durch einen Bericht über Zustände in Ungarn wach, blicken auch schon mal nach ganz weit rechts und Gernot Riesenkäfer gibt Studi-Tipps für Erstsemester.
Sehr zu empfehlen.